Presse Bericht Februar 2023

 «Die Jugendlichen wollen einfach die Möglichkeit haben, jederzeit hierher zu kommen»: Das Lindenhaus fand letztes Jahr zu einer neuen Normalität zurück

 

Die Leiterin des Lindenhauses, Tamara Moser, und der neue Präsident, Daniel Günter, blicken auf das vergangene Jahr zurück. Die Corona-pandemie und ihre Auswirkungen prägen die Arbeit im Jugendhaus bis heute.

Als Präsident des Lindenhauses blicke er auf ein Jahr zurück, in welchem ein Weg zu einer neuen Normalität gefunden werden musste, sagt Daniel Günter, der die Nachfolge von Matthias Meier-Moreno als Präsident des Lindenhauses angetreten hat. «Unsere Jugendarbeiterinnen sind mittlerweile erprobt darin, das Angebot des Lindenhauses auf eine wechselnde Zielgruppe auszurichten.»

Es hat ein Generationenwechsel stattgefunden, der andauert

Der im Vorjahr bereits einsetzende Generationenwechsel sei durch die gute Zusammenarbeit mit den Schulen noch verstärkt worden, was in der Statistik beim Zuwachs bei den Zehn- bis Sechzehnjährigen von rund 12 Prozent erkennbar sei. Insgesamt neun Klassen inklusive Lehrpersonen hätten das Lindenhaus vor Ort besucht, und einige der Kinder und Jugendlichen aus diesen Klassen seien jetzt regelmässig im Lindenhaus anzutreffen, sagt Günter.

Was aber heisst das, Generationenwechsel? Tamara Moser, die Leiterin des Lindenhauses erklärt: 2021 sei das Lindenhaus zunächst einmal geschlossen gewesen, wie auch die Schulen. «Danach waren die Besucherzahlen massiv eingeschränkt. Die ganzen sozialen Gefüge, die sich bis vor der Pandemie gebildet hatten, gingen mit einem Schlag zu Bruch.»

Insbesondere diejenigen Jugendlichen, die sich nun mit der Berufswahl oder mit Bewerbungen für eine Lehrstelle auseinandersetzen mussten, seien weggebrochen und fehlten jetzt. «Uns fehlen im Grunde die Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren», sagt Tamara Moser.

Die Besucherzahlen sind 2022 um 8 Prozent auf 6065 angestiegen. Alle Kinder und Jugendlichen tragen sich beim Besuch auf einer Präsenzliste ein. Mit diesen Zahlen beweise das Lindenhausteam einmal mehr, dass es aus wenig viel mache und dass die Qualität dabei nicht auf der Strecke bleibe, so Präsident Daniel Günter überzeugt. Das Team habe die Möglichkeit genutzt, sich neu auszurichten, neue Angebote zu kreieren.

Versuch schlug fehl ohne negative Folgen

Konkret habe man in einer Phase, die von Ende des letzten Sommers bis in den Dezember hinein reichte, eine Umstrukturierung der Angebote ausprobiert, erklärt Tamara Moser. Beispielsweise wurden gewisse Aktivitäten geplant, die geschlechterspezifisch angeboten wurden – nur für Buben oder nur für Mädchen. Weiter habe man auch die Öffnungszeiten für ältere Besucherinnen und Besucher bis 25-jährig bis 22 Uhr erweitert, Angebote für jüngere und ältere Besucherinnen und Besucher getrenn Es habe sich aber rasch gezeigt, dass das nicht dem Bedürfnis der Jugendlichen entsprochen habe. «Die Jugendlichen wollen einfach die Möglichkeit haben, jederzeit hierher zu kommen, und haben keine Lust, sich noch speziell Termine vorzumerken oder neue Regeln bei den Aktivitäten befolgen zu müssen. Also haben wir diesen Versuch wieder abgebrochen», sagt Moser. Einige der Angebote wie der Queer-Treff sind aber nach wie vor sehr gefragt und wurden beibehalten.

Bei den Veranstaltungen – insgesamt 33 Projekte, zum einen eigene Projekte der Jugendlichen, zum Teil Projekte in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wie dem Kofmehl in Solothurn, zum Teil Angebote von Gastorganisationen wie dem Dancecamp – habe man darauf geachtet, die Beziehungsarbeit zu verstärken. «Dies gab den Jugendarbeiterinnen die Möglichkeit, der direkten Beziehungspflege mehr Beachtung zu schenken, was von den Kindern und Jugendlichen sehr geschätzt wurde», sagt Günter.

«Eine positive Erkenntnis aus dem gescheiterten Versuch war zu sehen, dass die Kinder und Jugendlichen sich so gut miteinander arrangieren, dass alle zur selben Zeit ihren Platz haben und keine Randzeiten brauchen», sagt Tamara Moser.

Beratungsgespräche sind gefragt

Aber: Neben einer offenen Tür seien ein offenes Ohr und Gespräche wichtige Instrumente in der täglichen Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, sagt Günter dazu. Dies würden auch die konstant hohen Zahlen der Beratungsgespräche zeigen, wenn diese auch gegenüber dem Pandemiejahr leicht abgenommen haben: –17,2 Prozent, 106 Beratungsgespräche insgesamt.

«Die psychischen Belastungen der Kinder und Jugendlichen durch die Coronapandemie sind nach wie vor vorhanden, und daher ist es eminent wichtig, dass wir mit dem Lindenhaus ein niederschwelliges Angebot anbieten können», so Günter.

Meist seien es Probleme zu Hause oder in der Schule, über die die Kinder und Jugendlichen sprechen wollten, sagt Tamara Moser. Dabei spiele auch eine wichtige Rolle, dass ein grosser Teil der Kinder einen Migrationshintergrund habe und so auch die kulturellen Unterschiede mit hineinspielten.

Die Bewerbungs- und Aufgabenhilfe ist um 81 Prozent zurückgegangen. Auch das habe mit dem bereits erwähnten Generationenwechsel zu tun, da es sich in den Vorjahren hauptsächlich um Bewerbungshilfen gehandelt habe, erklärt Günter.

Die grössten Herausforderungen für die Zukunft

Momentan ist das Team bereits mit den Vorbereitungen für das Open-House vom 3. Juni engagiert – ein grosses Fest für alle in Zusammenarbeit mit diversen lokalen Vereinen. Und auch die Kulturnacht Ende September wirft ihre Schatten schon vraus.

Die grösste Herausforderung sei aber nach wie vor der Aufbau nach der Pandemie, ist Günter überzeugt. Und Moser ergänzt: Die Beziehungsarbeit und der Beziehungsaufbau mit allen Playern, in erster Linie den Kindern und Jugendlichenden, aber auch Schulen, Vereinen und anderen Anbietern von Veranstaltungen, sei enorm wichtig.

Der neue Präsident des Lindenhauses

Daniel Günter, 37, stammt aus Bettlach, wohnt in Grenchen und ist Leiter der  internen Revision einer grossen Krankenkasse. Günter ist bereits seit sechs Jahren im Vorstand und war unter Matthias Meier-Moreno, dem vormaligen Vereinspräsidenten, dessen Vize. Im Gegensatz zu Meier-Moreno hat er also keinen sozialen Hintergrund, weshalb er auch plant, das Amt nur interimistisch auszuüben und jemanden nachzuziehen, der das Präsidium mittelfristig übernehmen könnte. Günter ist in einer festen Partnerschaft und Vater dreier Kinder.

© Grenchner Tagblatt, By Oliver Menge. 28.02.2023

>> Bericht als PDF zum Herunterladen